Ein Blick hinter die Kulissen der regionalen Getreideproduktion: Im Gespräch mit Wolfgang Hof von der Nispel Mühle

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von Pauline Otto

Das belegte Brötchen vom Bäcker auf dem Weg zur Arbeit, die Brezel in der Pause oder die Brotzeit am Abend – im hektischen Alltag sind Backwaren oft verlässliche Begleiter. Sie sind überall erhältlich und in der Regel eine günstige Kalorienquelle. Doch woher kommen die Rohstoffe für unser Brot eigentlich und wer stellt sie her?

Eine Frage die unter anderem auf Grund langer und undurchsichtiger Lieferketten nicht immer eindeutig beantwortet wird. Wer als Verbraucher:in Wert auf regionale Lebensmittel legt, wird daher oftmals enttäuscht. Um einen tieferen Einblick in die regionale Getreideproduktion zu bekommen und die damit verbundenen Herausforderungen und Chancen zu erkunden, haben wir uns mit Wolfgang Hof, dem Inhaber der Nispel Mühle in Mittelhessen, unterhalten.

Als einzige Mühle zwischen Marburg und Gießen, vermahlt Herr Hof bis zu 35 Tonnen Dinkel, Weizen und Roggen pro Tag von 60 Landwirt:innen aus der Region. Sein Mehl vermarktet er im Umkreis von 60-70 km an regionale Abnehmer:innen. Ein zentrales Thema im Gespräch mit Herrn Hof galt der Qualität des Mehls bzw. die Eiweißqualität des Getreides. Laut Hof führe die neue Düngemittelverordnung und die damit verbundenen strengeren Vorschriften zur (Stickstoff-) Düngung, zu einer geringeren Eiweißqualität des Getreides. Die Eiweißqualität hänge von der Spätgabe von Stickstoff ab und je nach Jahr könne dann im Zweifel die von den Kund:innen gewünschte Backqualität des Mehls nicht erreicht werden.

Da die Böden nicht mehr so gut sind, müsse eigentlich mehr gedüngt werden, um eine höhere Qualität des Mehls zu erreichen, so Hof. Zwar kann das auch durch gute Bodenvorbereitung erreicht werden, aber je nach Jahr funktioniert das häufig nicht. Im Jahr 2023 funktionierte es bspw. zu grob 80 % nicht und bei Herrn Hof in der Region sind ca. 60 % des Getreides durch Auswuchs kaputt gegangen, da es zum Zeitpunkt der Ernte drei Wochen regnete und man nicht auf den Acker konnte. Zudem wird qualitativ hochwertiger Elite-Weizen auf Grund der ungeeigneten Böden und geringer Erträge kaum mehr angebaut. Den Grund hierfür sieht Herr Hof zum einen bei der Düngemittelverordnung, zum anderen aber vor allem bei den Kund:innnen, welche nicht bereit seien, für Qualität zu bezahlen.
Dennoch, sagt er, kann auch mit weniger Eiweißgehalt erfolgreich gebacken werden, wenn man dem Teig für die Gare mehr Zeit gibt.

Diese Zeit können sich die meisten konventionellen Bäcker jedoch leider nicht mehr nehmen und sind daher auf eine bestimmte Eiweißgrundstruktur im Getreide angewiesen, denn sie müssen in kurzer Zeit sehr viel Ware produzieren. Deswegen setzen Großmühlen und Industrie dem Mehl vermehrt Zusatzstoffe wie Emulgatoren, Eiweiße und Backtriebmittel zu, sodass trotz minderer Mehlqualität ein großes Volumen beim Backen erzielt werden kann.

Indem man als Endverbraucher:in beim Kauf also auf hochwertige, regionale Backwaren setzt, lässt sich nicht nur zum Erhalt traditioneller Handwerkskunst beitragen, sondern auch zur Stärkung der lokalen Wirtschaft und ihrer Erzeuger:innen.

Abschließend muss angemerkt werden, dass die Düngemittelverordnung zwar durch strengere Vorschriften zur Stickstoffdüngung einigen landwirtschaftlichen Betrieben und Mühlen Schwierigkeiten bereitet, jedoch im Endeffekt einen wichtigen Teil dazu beiträgt, unsere Böden und Gewässer vor übermäßiger Nitratauswaschung und Eutrophierung zu schützen.