Von Paula Brohmeyer | Foto: Unsplash
Anfang Oktober präsentierte die EAT-Lancet-Kommission, an der auch das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) beteiligt ist, ihren neuen EAT-Lancet-Bericht. Die Kommission wurde von der Nichtregierungsorganisation EAT und der britischen Fachzeitschrift „The Lancet“ eingesetzt und hat mit diesem Bericht die bisher umfassendste Analyse globaler Ernährungssysteme veröffentlicht.
In dem Bericht wird die Notwendigkeit einer globalen Transformation der Ernährungssysteme beschrieben, um gleichzeitig Gesundheit, Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit zu erreichen. Neu in dieser Ausgabe sind Aktualisierungen der Planetary-Health-Diät, Messung und Bewertung des Einflusses von Lebensmittelsystemen auf die Überschreitung planetarer Grenzen, Untersuchungen zu den Ursachen von Ernährungsungerechtigkeit sowie neue wissenschaftliche Erkenntnisse und Handlungsempfehlungen.
Die Kernempfehlung für eine gesunde Ernährung stellt die „Planetary Health Diet“ dar. Das Grundprinzip lautet: „Mehr pflanzliche, weniger tierische Lebensmittel.“ Vollkornprodukte, Obst, Gemüse, Nüsse und Hülsenfrüchte machen den Hauptteil der Ernährung aus, während Fisch, Fleisch sowie Milch und Milchprodukte nur in mäßigen bis kleinen Mengen verzehrt werden. Die aktualisierte Planetary Health Diet sieht eine angemessene Energiezufuhr, eine Vielfalt an unverarbeiteten oder minimal verarbeiteten, überwiegend pflanzenbasierten Lebensmitteln, den Einsatz überwiegend ungesättigter Fettsäuren ohne teilweise gehärtete Öle sowie geringe Mengen an zugesetztem Zucker und Salz vor. Zum jetzigen Zeitpunkt unterscheiden sich die nationalen Ernährungsweisen weltweit jedoch stark von diesen Empfehlungen. Eine Umstellung könnte allerdings schätzungsweise rund 15 Millionen Todesfälle pro Jahr verhindern.
Der Bericht macht außerdem deutlich, dass eine Lösung für die Klima- und Biodiversitätskrise ohne eine globale Umstellung der Lebensmittelsysteme nicht möglich ist. Selbst wenn eine Energiewende weg von fossilen Brennstoffen gelingt, sorgen die Ernährungssysteme dafür, dass das 1,5-°C-Ziel des Pariser Klimaabkommens nicht erreicht wird. Neben dem Klimawandel sind sie wesentliche Treiber für die Überschreitung vier weiterer planetarer Grenzen, darunter die Veränderung der biogeochemischen Kreisläufe, die Veränderung von Süßwassersystemen, die Änderung der Landnutzung und die Veränderung in der Integrität der Biosphäre. Insgesamt sind bereits sieben der neun planetaren Grenzen, die die ökologischen Grenzen für menschliches Handeln zur Erhaltung des Erdsystems definieren, überschritten.
Die Kommission betont, dass ein gerechtes Ernährungssystem eines ist, in dem die Menschenrechte auf Essen, eine gesunde Umwelt und menschenwürdige Arbeit erfüllt sind. Sie hat neun Bedingungen (sog. soziale Grundlagen) festgelegt, die es ermöglichen, dass diese grundlegenden Menschenrechte erfüllt werden können. Dazu gehören: Zugang zu bezahlbarer und gesunder Ernährung, eine gesunde Ernährungsumgebung, eine schadstofffreie Umwelt, ein stabiles Klima, existenzsichernde Löhne, wirksame Mitbestimmung, die Begrenzung wirtschaftlicher Marktmacht, bürgerliche und politische Freiheiten und keine Diskriminierung. Für jede soziale Grundlage wurden Indikatoren mit jeweiligen Schwellenwerten definiert, ab denen die soziale Grundlage als erfüllt gilt. Anschließend wurde geschätzt, wie viele Menschen weltweit unter dieser Schwelle liegen und welches Schadensausmaß das für die Verwirklichung der Menschenrechte hat. Die Zahlen sind ernüchternd: Schätzungsweise sind 2,3 Milliarden Menschen weltweit von Nahrungsmittelunsicherheit betroffen, 19,8 Millionen Neugeborene kommen mit zu niedrigem Geburtsgewicht zur Welt und 2,1 Milliarden Menschen haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser.
Konkret schlägt die Kommission acht Prioritätslösungen vor, um bis 2050 gesunde, nachhaltige und gerechte Ernährungssysteme zu schaffen:
1. Schaffung eines Lebensmittelumfelds, das eine gesunde Ernährung fördert und den Zugang zu erschwinglichen, gesunden Lebensmitteln sicherstellt
2. Schutz und Förderung traditioneller, gesunder Ernährungsweisen
3. Umsetzung nachhaltiger und ökologisch verträglicher landwirtschaftlicher Intensivierungspraktiken
4. Strengere Vorschriften, um den Verlust noch intakter Ökosysteme zu verhindern
5. Verbesserung der Infrastruktur und des Managements sowie Förderung eines verantwortungsvollen Konsumverhaltens, um Lebensmittelverluste und -abfälle zu reduzieren
6. Menschenwürdige Arbeitsbedingungen
7. Sicherstellung einer wirksamen Mitbestimmung und Vertretung aller Akteure
8. Anerkennung, Einbeziehung und Schutz marginalisierter Gruppen
In dem Bericht wird abschließend deutlich gemacht, dass eine globale Transformation nur gelingen kann, wenn verschiedene Akteure, sowohl innerhalb als auch außerhalb des Ernährungssystems, zusammenarbeiten. Diese Transformation ist machbar, erfordert jedoch sofortiges und entschlossenes Handeln von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.
Quelle:
Rockström, Johan; Thilsted, Shakuntala Haraksingh; Willett, Walter C.; Gordon, Line J.; Herrero, Mario; Hicks, Christina C. et al. (2025): The EAT-Lancet Commission on healthy, sustainable, and just food systems. In: Lancet (London, England) 406 (10512), S. 1625–1700. DOI: 10.1016/S0140-6736(25)01201-2.



