Q&A: Regionale Akteure und Produktion
Die Weltbevölkerung konzentriert sich immer mehr auf das Leben in Städten. Schätzungen zufolge leben im Jahr 2050 über 66 % der Menschen in Städten.
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1174428/umfrage/anteil-der-stadt-und-landbevoelkerung-weltweit/
Die Versorgung mit Lebensmitteln in den Städten wird dann immer aufwändiger, kostenintensiver und klimaschädlicher. Urban Farming könnte eine Maßnahme sein, um Lebensmittel regionaler zu produzieren. Während Menschen in Städten in Afrika und Asien aus finanziellen Gründen gezwungen sind, sich mit kleinen Gärten selbst zu versorgen, haben Initiativen in Europa mit Urban Farming begonnen, um in den Städten die Lebensmittelautarkie zu verbessern und frische Produkte nachhaltiger zu produzieren und um Grünflächen in Städten in Gemüsefelder umzuwandeln.
Auch in der Rhein-Main Region gibt es Beispiele für erfolgreiches Urban Farming. Seit 2019 gibt es in Frankfurt am Main den Verein Gemüseheldinnen e.V. Der Verein bewirtschaftet 19 Gärten mit 250 aktiven Gärtner*innen und kooperiert mit der 2 ha großen Stadtfarm der Gärtnerei Rappelt. Die GemüseheldInnen setzen setzen auf aktiven Umweltschutz, in dem sie nach den Prinzipien der Permakultur arbeiten, biologisches Saatgut nutzen und vollständig auf Agrarchemikalien verzichten. Diese nachhaltigen Praktiken sind Teil eines größeren Trends hin zu Urban Farming. Urban Farming hat das Potential, die Ernährungssouveränität städtischer Gebiete zu verbessern, vor allem, wenn es in größerem Stil betrieben wird und Unterstützung durch Politik und Verwaltung erfährt.
In städtischen Farmen liegt der Focus vorrangig auf dem Anbau von Obst und Gemüse, da die begrenzten Flächen die Massenproduktion von Feldfrüchten wie Getreide oder Kartoffeln, die üblicherweise maschinell bewirtschaftet werden, nicht zulassen. Um diese Lücke zu schließen, ist eine enge Zusammenarbeit mit Landwirt*innen aus der Region essenziell. So kann die lokale Versorgung mit frischen Lebensmitteln sichergestellt, die regionale Landwirtschaft gestärkt und die Ernährung der Stadtbevölkerung nachhaltig verbessert werden.
Inwieweit sich eine Region wie das Bundesland Hessen ernährungsmäßig selbst versorgen kann, haben Anna-Mara Schön und Marita Böhringer 2023 in der wissenschaftlichen Studie „Land Consumption for Current Diets Compared with That for the Planetary Health Diet—How Many People Can Our Land Feed?“ herausgearbeitet.
Link: https://www.mdpi.com/2071-1050/15/11/8675
Pressemitteilung des Ernährungsrats zum Thema
Zum Thema Urban Farming siehe auch die folgenden Links:
https://ernaehrungsrat-frankfurt.de/
https://house-of-food-ffm.de/globales-frankfurt/
Kartoffeln zeigen natürlicherweise eine Vielzahl an Formen und Größen. Die Größe einer Kartoffelknolle wird durch verschiedene Faktoren beeinflusst. Entscheidend sind dabei vor allem die Kartoffelsorte, die Anbaubedingungen und die Bodenbeschaffenheit. Ebenso wichtig sind das verfügbare Nährstoff- und Wasserangebot sowie die vorherrschenden klimatischen Bedingungen während des Wachstums.
Im Groß- und Einzelhandel werden oft bestimmte Größenstandards bevorzugt, die durch den Einsatz von Sortiermaschinen erreicht werden. Diese Praxis führt dazu, dass die im Handel erhältlichen Kartoffeln oft eine gleichmäßige Größe aufweisen. Im Gegensatz dazu akzeptieren Kundinnen und Kunden, die Wert auf regionalen Anbau legen, natürliche Größenunterschiede und betrachten diese als Zeichen von Vielfalt und Biodiversität. Trotz der optischen Unterschiede sagt die äußere Erscheinung einer Kartoffel jedoch wenig über ihre Inhaltsstoffe aus.
Agroforstsysteme führen Bäume und Gehölze mit Ackerkulturen und/oder mit Tierhaltung zusammen. Eine Wirtschaftsweise, die wir aus der Vergangenheit kennen und die seit der Rationalisierung und Industrialisierung der Landwirtschaft nicht mehr bzw. nur noch sehr selten betrieben wird.
https://agroforst-info.de/haeufig-gestellte-fragen/#toggle-id-7
Im Zuge der Klimaveränderung und den Problemen der industrialisierten Landwirtschaft (sinkende Bodenfruchtbarkeit, Erosion usw.) werden zunehmend Systeme gefordert, die eine ökologische Transformation positiv beeinflussen.
Agroforstsysteme tragen zur Förderung der Biodiversität bei, verbessern die Bodenfruchtbarkeit und das Mikroklima, bieten Schutz vor Winderosion, sind positiv für Weidetiere, Schutz vor Sonne, Regen, Wind.
Blogbeitrag zu regenerativer Landwirtschaft
Seit 2023 werden die Agroforstflächen gefördert, allerdings nur die Unterhaltung der Agroforstfläche. (200 € pro ha) Die Neuanlage von Agroforstflächen wird zurzeit noch nicht gefördert, es sind aber auf Länderebene Gespräche im Gange, die Förderung zu erhöhen.
https://www.gesetze-im-internet.de/gapdzv/GAPDZV.pdf#page=27
Negative Elemente der Agroforstwirtschaft sind ein erhöhter Zeit- und Personalaufwand und höhere Investitionskosten, Pflanzkosten sowie gegebenenfalls Kosten durch die Anschaffung neuer Landmaschinen aufgrund der geänderten Raumaufteilung auf den Flächen.
Zu den Erträgen von modernen Agroforstsystemen gibt es noch keine Untersuchungen, da sie noch nicht lange genug in Anwendung sind.
Beispiele für Agroforstsysteme in der Rhein-Main Region finden sich in Rheinland-Pfalz. Auf dem Biolandbetrieb Bannmühle in Rheinland-Pfalz wird Agroforst seit einigen Jahren eingesetzt.
Neben nachhaltigen landwirtschaftlichen Systemen wie Agroforst, Urban Farming u.a. ist seit einigen Jahren das System Terra Preta (Pflanzenkohle) in der Diskussion und wird in der Praxis erprobt. Terra Preta, portugiesisch für Schwarze Erde, beschreibt einen von Menschen kultivierten Boden im Amazonasbecken, ein Gemisch aus Pflanzenkohle Holz, Dung, Kompost, Knochen u.a.m.
Terra Preta hat die Eigenschaft, sehr gut Nährstoffe im Boden zu speichern und CO2 einzulagern und wäre somit eine nachhaltige Verbesserung für unproduktive und ausgelaugte Böden.
Es ist weder sinnvoll ökonomisch noch ökologisch sinnvoll, Terra Preta direkt aus dem Amazonasgebiet zu importieren. Stattdessen kann Pflanzenkohle technisch durch Pyrolyse erzeugt werden, allerdings bringt dieser Prozess Herausforderungen mit sich. Zum einen können dabei feste und gasförmige Schadstoffe freigesetzt werden. Zum anderen ist die verfügbare Menge an Biomasse, die für die Pyrolyse verendet werden kann, begrenzt.
Dr. Andreas Faensen-Thiebes und Dr. Andrea Beste vom BUND AK Bodenschutz / Altlasten argumentieren in ihrem Beitrag ‘Terra Preta/Pyrolysekohle’, dass durch den Einsatz von Mist- und Humus, Zwischenfrüchten sowie angepassten Fruchtfolgen ein ähnlicher Effekt wie mit Terra Preta erreicht werden kann.
Der Bau von Pyrolyseanlagen ist mit erheblichen Investitionskosten und strengen Zertifizierungen verbunden, um sicherzustellen, dass während des Prozesses keine toxischen Stoffe freigesetzt werden.
Dennoch kann es in bestimmten Einzelfällen sinnvoll sein, kleinere Anlagen zu nutzen, besonders wenn diese neben Pflanzenkohle auch Strom und Wärme erzeugen, wie es beispielsweise die großtechnische Anlage in Diemelstadt tut, die Energie und Dünger liefert.
https://www.hna.de/lokales/frankenberg/grosstechnische-anlage-in-diemelstadt-holzvergaser-liefert-energie-und-duenger-90576657.html
(Diemelstadt liegt in Hessen in der Nähe von Kassel)
Für den Einsatz von Pflanzenkohle im Kleingarten oder auf dem Balkon sind im Handel in Europa produzierte Produkte in kleinen Mengen erhältlich.
Der Einsatz von Gentechnik ist im biologischen Landbau nach der europäischen Rechtsverordnung verboten. (Öko-Basisverordnung (EG) Nr. 834/2007).
https://www.oekolandbau.de/landwirtschaft/betrieb/rechtliche-grundlagen/oekolandbau-und-gentechnik/
Auch die nach der Öko-Basisverordnung erlaubten Zusatzstoffe, wie Futtermittel, u.a., dürfen keine gentechnisch veränderten Organismen (GVO) enthalten. Im Falle einer Eintragung von GVO z.B. durch Pollenflug darf bei Bioprodukten der Anteil der GVO 0,9 % nicht überschreiten. Bio-Erzeugerinnen müssen auf eigene Kosten durch Laboruntersuchungen sicherstellen, dass diese Grenze eingehalten wird. In Deutschland und den meisten europäischen Nachbarländern ist der Anbau von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) in der Lebensmittelproduktion nicht erlaubt, mit Ausnahme von Versuchsfeldern. Dies spiegelt sich auch im Konsumentenwillen wider, da die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung Gentechnik in Lebensmitteln ablehnt. In einigen EU-Staaten wie Spanien, Portugal, Tschechien und in der Slowakei wird aber der gentechnisch veränderte Mais MON810 angebaut. Deutschland importiert z.B. GVO-Mais und GVO-Soja auch aus Nicht-EU-Ländern als Futtermittel, bspw. aus den USA oder Brasilien. Verbraucherinnen in Deutschland können sich beim Einkauf auch am bundeseinheitlichen Siegel ‘Ohne Gentechnik’ orientieren, das auf vielen Produkten zu finden ist.
Aktuell lehnen alle Bio-Verbände eine vom EU-Parlament angestrebte Lockerung der bisherigen Regulierungen für Gentechnik ab. Der Ausgang dieses Prozesses ist zurzeit noch offen.
Neue Gentechnik-Diskussion:
https://www.euractiv.de/section/landwirtschaft-und-ernahrung/news/oeko-landbau-und-gentechnik-ist-ein-nebeneinander-moeglich/
Permakultur in der Landwirtschaft und im Gartenbau ist eine Methode, ökologische Prozesse zum Vorbild zu nehmen und nachzuahmen.
Mit viel Handarbeit und wenig Maschineneinsatz wird eine Vielzahl von unterschiedlichen Kulturen angebaut, die sich gegenseitig möglichst positiv beeinflussen sollen. Ziel ist eine dauerhafte, nachhaltige Wirtschaftsweise zu installieren, die Menschen, Tiere und Umwelt nährt und schützt und ein nachhaltiges Leben und Wirtschaften ermöglicht.
https://terraxplaincommons.zdf.de/video/was-ist-permakultur-creative-commons-clip-100
Bisher wurde Permakultur nur auf kleineren Flächen angewendet. Auf kleineren Bauernhöfen, in Privatgärten, beim Urban Farming u.a.m. Erfahrungen auf großen landwirtschaftlichen Flächen mit 50 Hektar und mehr liegen nicht vor. Es gab bisher keine größeren wissenschaftlichen Studien zur Wirkweise von Permakultur in der Landwirtschaft.
Die Technische Universität Kaiserslautern-Landau (RPTU) hat jetzt (2024) eine Studie mit neun teilnehmenden Betrieben veröffentlicht, in der die Wissenschaftler*innen zu dem Schluss kommen, dass der Einsatz von Permakultur eine positive Alternative zur industriellen Landwirtschaft darstellen kann.
Ein Bauernhof in Frankreich, der auf ca. 1.000 m² (= 1/10 Hektar) Permakultur betreibt, gilt in Permakulturkreisen als Vorbild, es wird von sehr hohen Erträgen berichtet.
In der Rhein-Main-Region gibt es das Urban Farming Projekt der ‚Gemüseheldinnen‘, die neben anderen Methoden auch mit Permakultur arbeiten.
Auf kleineren Flächen wird mit viel Engagement und vielen freiwilligen Helfer*innen in der Stadt Frankfurt am Main eine ganze Reihe von Permakulturgärten bewirtschaftet.
Permakultur wird auf kleineren Flächen in privaten Gärten und im Urban Farming bereits erfolgreich eingesetzt, auf Teilflächen in der gewerbsmäßigen Landwirtschaft ist es möglich, aber allein durch den immensen Arbeitsaufwand bei der Bodenbearbeitung wird Permakultur auf absehbare Zeit auf größeren Flächen nicht realisierbar sein. Landwirtschaftliche Betriebe haben aktuell schon Probleme für die bestehenden Arbeitsabläufe Arbeitskräfte zu finden.
Permakultur kann aktuell in geringem Maß durchaus einen Beitrag zur nachhaltigen Ernährung leisten, inwieweit sich das System für die Produktion von großen Mengen in großen Betrieben einsetzen lässt, wird sich in der Zukunft zeigen.
Zusätzliche Informationen zum Thema Permakultur:
https://www.derstandard.de/story/3000000215304/koennten-wir-mit-permakultur-oesterreich-ernaehren