Ist Agroforst eine Antwort auf die Klimakrise?

BIONALES-Diskussion macht Mut, neue Methoden zu erproben

Grafik: Ch. Morhart, Uni Freiburg

Der Klimawandel fordert von der Landwirtschaft, nach neuen Wegen zu suchen. Angesichts von Hitze- und Dürreperioden rückt die Agroforstwirtschaft ins Blickfeld: Die Kombination von Ackerbau oder Weideland mit Bäumen oder Sträuchern. „Bäume machen nicht nur Schatten“ war Anfang Dezember der Titel einer Online-Diskussion von BIONALES e.V. , dem Trägerverein des Frankfurter Ernährungsrats, zusammen mit der Ökomodellregion Wetteraukreis. Die Referenten machten den Landwirt*innen unter den zahlreichen Online-Besucher*innen Mut, neue Methoden im Land- und Gemüsebau zu erproben.

Mit Agroforst werden viele Hoffnungen verbunden. „Wir erwarten, dass sich da einiges tut in den nächsten Jahren“, sagte Dr. Philipp Weckenbrock von der Uni Gießen. „Das Interesse ist riesig.“ Agroforst wird ab 2023 in die Agrarförderung aufgenommen, wenn auch nur mit geringen Beträgen.

Weckenbrock listet zahlreiche Vorteile auf. Agroforst trägt zum Artenschutz bei, denn Bäume und Sträucher bieten Insekten und Vögeln Lebensraum. Die Streuobstwiese ist ein traditionelles Beispiel dafür. Auch der Beitrag zum Klimaschutz sei nicht zu unterschätzen, denn Holz und Wurzeln speichern CO2. Zugleich beeinflussen Bäume und Sträucher das Mikroklima, halten Feuchtigkeit, bieten Weidetieren Schatten, verhindern Erosion, schützen und verbessern den Boden. Bäume können sogar die Nitratbelastung des Grundwassers verringern, weil sie Stickstoff im Boden aufnehmen.

Paul Raabe vom Biohof Lebensberg im pfälzischen Obermoschel, der auch die Baumschule Ackerbaum betreibt, wirbt für Agroforst: „Jetzt ist genau der richtige Zeitpunkt, um Bäume zu pflanzen.“ Er sprach von regenerativer Landwirtschaft, die in Zeiten von Dürren und Starkregen besonders wichtig sei. Ein Ziel seines Hofs ist, den Humusgehalt im Boden zu erhöhen. Viele Nussarten werden auf dem Lebensberg angebaut, Walnüsse, Pekanüsse, Esskastanien, Haselnüsse. Beerenobst sei nach drei oder vier Jahren im vollen Ertrag. Raabe empfiehlt, auf kleiner Fläche mit Bäumen und Sträuchern anzufangen, Erfahrungen zu sammeln und nach Verarbeitungsbetrieben Ausschau zu halten.

Albrecht Denneler vom Dottenfelder Hof in Bad Vilbel berichtet von Roggen zwischen Rebstöcken, Kartoffeln zwischen Haselnüssen und Rhabarber unter Walnussbäumen. Die ersten drei, vier Jahre müsse man sich intensiv um die Kulturen kümmern, Maschendraht gegen Rehe und Wildschweine errichten, damit die Baum- und Strauchsetzlinge überleben. Aber auf lange Sicht erwartet er einen Mehrertrag auf der Fläche, die Baum- und Strauchfrüchte mitgerechnet. „Wir ernten von den Bäumen auch die Blätter – als Humus“, sagte er.

Und die Grenzen der Agroforstwirtschaft? Geld ist natürlich ein Thema. Mindestens 1.000 Euro je Hektar müssen investiert werden, um Bäume und Sträucher auf Äckern oder Grünland zu setzen. Auf Pachtflächen können Baumpflanzungen verboten sein, und wo Drainagerohre und Stromleitungen kreuzen, sind sie nicht ratsam. Zudem muss zur Grundstücksgrenze Abstand gehalten werden.

Eine baumlose Methode, hitzefesten Gemüsebau zu betreiben, stellte Thomas Zell vom Biohof Ackerlei in Bruchköbel vor: Er legte eine Mulchschicht aus Wicken und Roggen auf die Äcker – mit gutem Erfolg. Einmal ein wenig Wasser, und die Feuchtigkeit blieb, um Bodenbakterien wachsen und Kohl und Kürbis gedeihen zu lassen, obwohl es zweieinhalb Monate praktisch nicht regnete.

Links:

www.dottenfelderhof.de

www.hoflebensberg.de

Dr. Philipp Weckenbrock, Uni Gießen

www.ackerlei.de

Ökomodellregion Wetterau