Kritische Betrachtung der Kostenbestandteile von Hühnereiern. Ein Vergleich zwischen biologischer und konventioneller Erzeugung

Wir wollten wissen, warum im Supermarkt Eier für 27 Cent das Stück verkauft werden können, wenn andere 60 Cent oder sogar 70 Cent das Stück kosten. Sind die Kosten biologisch erzeugter Eier wirklich so viel höher als konventionell erzeugte Eier und warum? Yousif Munther ist diesen Fragen in seiner Masterarbeit nachgegangen und zeigte: bio hat seinen Preis und der muss bezahlt werden, sonst bleiben Tierwohl und nachhaltiges Wirtschaften auf der Strecke.

Die Rolle von Bio-Lebensmitteln in der Lebensmittelwirtschaft gewinnt immer mehr an Bedeutung. Ein Indikator dafür ist die stetig steigende Nachfrage, die sich im Umsatz widerspiegelt. Ökologische Landwirtschaft begünstigt den Nachhaltigkeitsgedanken und dient damit Mensch, Tier, Klima und Böden. Auch die Regionalentwicklung profitiert von biologischer Landwirtschaft. Doch Verbraucher:innen greifen nach wie vor wesentlich häufiger zu konventionell erwirtschafteten Produkten als zu Bio-Lebensmitteln. Schuld daran hat vor allem der teilweise deutlich höhere Preis von Bio-Lebensmitteln und parallel die Kommunikationspolitik für konventionelle Produkte, bei der durch gezielte Werbung ähnliche Assoziationen bei den Verbraucher:innen hervorgerufen werden sollen, wie bei Bio-Produkten: glückliche Tiere, idyllische Landschaften mit natürlichem Grünfutter und Platz im Überfluss suggerieren den Eindruck traditioneller landwirtschaftlicher Erzeugung.

Greenpeace hat hierzu eine interessante Studie veröffentlicht: Die 7 Mythen der Fleischindustrie.

Diese irreführende Darstellung konventioneller Lebensmittel benachteiligt einige der positiven Charakteristika von Bio-Lebensmitteln, denn der ökologische Nutzen konventioneller Produkte erscheint größer als er tatsächlich ist. Als Folge verliert die Preisdifferenz von Bio-Produkten teilweise ihre Rechtfertigung, Transparenz von und Vertrauen in Bio-Lebensmittel leiden.

Zuverlässige, faktenbasierte Informationen fehlen. Ein Blick in die Kostenstruktur – in dieser Arbeit am Beispiel Ei durchgeführt – zeigt auf, welche Kostentreiber ein bestimmtes Produkt beinhaltet und wie sie sich zwischen ökologischen und konventionellen Produkten unterscheiden. Drei Betriebe konnten im Rahmen von Interviews genügend Informationen liefern, um das Produkt Ei auf seine Kostenbestandteile zu untersuchen.

Diese Betriebe unterscheiden sich deutlich in der Art ihrer Arbeit. Betrieb 1 verkauft seine Eier für 60 Cent pro Ei (Stand 2020/2021) und ist ein ökologisch arbeitender Betrieb mit Hühnermobilen und Zweinutzungsrassen, die relativ teuer in der Anschaffung sind und im Vergleich zu sog. Hybridhühnern eine geringere Legeleistung haben. Betrieb 2 ist ein konventionell arbeitender Betrieb mit Hühnermobilen, also Freilandhaltung. Ein Ei hier kostet 38 Cent. Betrieb 3 verkauft seine Eier für 27 Cent das Stück und arbeitet konventionell und mit Bodenhaltung, d.h. die Tiere sind durchgehend im Stall. Die Anzahl der Tiere variiert von 434 zu 3.000, je nach Betrieb (s. Tabelle 1).

Transparent wird die unterschiedliche Preisgestaltung, wenn man sich die Kalkulation der Kosten anschaut. Betrieb 1 hat deutlich höhere Erzeugungskosten (53 Cent pro Stück) als Betrieb 3 (22 Cent pro Stück). Betrieb 3 arbeitet am effizientesten mit 14 Cent pro Stück (s. Tabelle unten). Der interessanteste Punkt ist, dass der Kostenanteil bei dem Bio-Betrieb mit 89% der höchste ist und bei Betrieb 3 mit 52% der niedrigste. Somit liegt die Gewinnmarge bei Betrieb 1 bei nur 11%, bei Betrieb 3 bei 48% (s. Tabelle 2).

Die Gründe für die höheren Erzeugungskosten beim Bio-Ei lassen sich so zusammenfassen:

  • Teureres Futter und gleichzeitig niedrigere Legeleistung
  • Höhere Platzkosten durch die vorgeschriebenen Platzverhältnisse
  • Höherer Arbeitsaufwand durch die Platzverhältnisse und durch die freiwillige Mobilstallhaltung
  • Hohe Kosten bei der Tieranschaffung

Je besser die geschaffenen Lebensbedingungen von Legehennen sind, desto höher schlagen sie sich auf die Kosten nieder. Dies erscheint im ersten Moment logisch, doch warum entscheiden sich die meisten Konsument:innen nach wie vor für den günstigeren Preis und nicht für Tierwohl und nachhaltiges Wirtschaften? Die wichtigsten Gründe scheinen mangelnde Glaubwürdigkeit der Bio-Branche sowie gute Marketingstrategien der konventionellen Branche zu sein.

Ein Ziel der Politik, aber auch der Ernährungsräte, Bio-Verbände und ähnlichen Organisationen muss demnach sein, Vertrauen und Glaubwürdigkeit in die Bio-Branche aufzubauen und zu stärken. Wir müssen Geschichten erzählen von einzelnen Landwirt:innen, Brücken bauen zwischen nachhaltiger Landwirtschaft sowie Bürger:innen und uns dafür einsetzen, dass die wahren Kosten (true costs) endlich Teil der Preisgestaltung werden, denn für besonders preissensible Kund:innen ist schließlich der Preis an der Ladentheke das entscheidende Kaufkriterium.

Entsprechende Quellen, die für den Blogbeitrag genutzt worden sind, sind in der Masterarbeit zu finden.