Wege und Hindernisse beim Zugang zu Agrarflächen

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von Pauline Otto & Claudia Smolka

In der heutigen agrarindustriellen Landschaft Deutschlands erleben bäuerliche Betriebe den Zugang zu Agrarflächen als Grundlage Ihrer Arbeit als Kampf. Großinvestorinnen kaufen riesige Flächen in Ostdeutschland auf. Und im ganzen Land ist es für Existenzgründerinnen nahezu unmöglich, sich gegen bereits etablierte Strukturen durchzusetzen. Dieser Kampf um Land hat weitreichende Auswirkungen auf diejenigen Kleinbetriebe, die von der Landwirtschaft leben oder als Gründerinnen Fuß fassen wollen. Ein Einblick in die Erfahrungen von Claudia Smolka vom Seelbacher Ziegenhof in Lohra-Seelbach, Hessen, verdeutlicht die Herausforderungen, mit denen sich Landwirtinnen konfrontiert sehen.

Als Claudia Smolka und ihr Partner Manuel Schwenzfeier einen kleinen Hof für ihre Ziegen in Lohra-Seelbach pachteten, begann alles mit 14 Ziegen und 2 Hektar Land. Heute bewirtschaften die beiden 22 Hektar Weidefläche für ihre Ziegenherde und 12 Hektar Ackerland nach Bioland Richtlinien, verarbeiten die Milch in der Hofkäserei und verkaufen die Produkte hauptsächlich auf dem Wochenmarkt. Doch obwohl beide über eine solide Ausbildung und ausreichend praktische Erfahrung, ein erprobtes Geschäftskonzept und die Bereitschaft zu viel harter Arbeit verfügten, war der Einstieg in die Landwirtschaft nicht immer leicht für das Paar, von denen beide nicht aus Familien mit landwirtschaftlichem Grundbesitz stammen.

Eine wichtige Rolle für Ihre erfolgreiche Suche nach Weidefläche spielte von Anfang an das persönliche Verhältnis zu den Menschen auf dem Land. In einem Dorf ist der Gefallen immer noch die härteste Währung und Beziehungen sind sehr wichtig. Aber genau darin liegt eben auch die Schwierigkeit, denn neben dem formellen Recht gibt es auch jede Menge informelle Strukturen. Wenn wir eine Transformation des Ernährungssystems hin zu mehr Erzeugung von regionalen, nachhaltig hergestellten Lebensmitteln wollen, dann gilt es, diese teilweise altbackenen Strukturen aufzubrechen und uns für neue Konzepte zu öffnen. Für ihren Milchziegenbetrieb benötigen Claudia Smolka und ihre Familie nicht zwangsläufig mehr Fläche, sondern vor allem die Qualität der Flächen ist entscheidend. Vor allem nahegelegene Weideflächen rund um den Hof sind wichtig, damit der Weg vom Euter in den Käsekessel kurzgehalten werden kann.

Sehr geholfen hat die Vergabe für die Pflege eines 10 Hektar großen Naturschutzgebietes der Gemeinde Weimar (Lahn) in 8km Entfernung und der Kauf von 5ha Land in einer 7km entfernten Ortschaft. Diese Flächen sind zwar nicht ganz so nah an der Hofstelle, aber dafür gibt es dafür sehr sichere Verträge, die eine langfristige Planung möglich machen.
Hierbei hat ihnen auch die BioBoden Genossenschaft und die Bürger AG Frankfurt (leider ist jetzt der Link verschwunden, beide Links noch einfügen) unter die Arme gegriffen, welche sich für die Sicherung von Anbauflächen für die Bio-Landwirtschaft einsetzen. Dies geschieht, indem die BioBoden Genossenschaft Agrarfläche ankauft und dann entweder selbst bewirtschaftet oder an passende Bio-Landwirtinnen verpachtet, um so Bodenspekulation entgegenzuwirken und nachhaltige Landwirtschaft zu fördern. Die Bürger AG Frankfurt hat mit einer stillen Beteiligung in den Hof investiert.

Für Claudia Smolka und Manuel Schwenzfeier war dies eine wichtige Hilfe, denn aus den Erträgen der Landwirtschaft ist der Kaufpreis nicht abzubilden, der Pachtzins aber schon. Claudia Smolka engagiert sich auch selbst bei der Arbeitsgemeinschaft bäuerlicher Landwirtschaft (ABL) und setzt sich dafür ein, dass öffentliche Flächen nach Gemeinwohlkriterien verpachtet werden. Die Idee: Bei der Entscheidung, an wen das Land geht, soll kriterien-basiert nach festen Preisen entschieden werden. Und vor allem soll das Verfahren transparent (öffentlich) sein und für alle Bewerber soll die Entscheidung nachvollziehbar sein. In der Gemeinde Lohra gab es dazu auch schon einige Vorstöße. Beispielsweise sollen Agrarflächen nur an Bewerber verpachtet werden, die einen landwirtschaftlichen Betrieb leiten und aus der Region kommen. Außerdem soll Grünland ausschließlich an Tierhalterinnen verpachtet werden und nicht an viehlose Betriebe. Alles kleine Schritte in die richtige Richtung, findet Claudia Smolka. Trotzdem sieht sie die Lage weiterhin kritisch. Der Boden ist zum Spekulationsobjekt geworden und der Trend zu immer mehr Größenwachstum bringt die Höfe in eine wirtschaftliche Bredouille und schürt den Konkurrenzdruck nicht nur gegen außerlandwirtschaftliche Investoren, sondern auch untereinander. Leider spielen hier auch die EU-Zahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) eine nicht unwesentliche Rolle, da sich die Höhe der Subventionen immer noch in vielen Teilen nach der Betriebsgröße richtet.

Angehenden landwirtschaftlichen Betriebsleiter*innen auf der Suche nach Land und einem Hof rät Claudia Smolka, sich nicht zwangsläufig auf eine Region festzulegen, sondern offen für Gesuche in ganz Deutschland zu sein. Dadurch können sich die Chancen fündig zu werden um ein Vielfaches erhöhen. Zudem mache eine außerfamiliäre Hofübernahme Sinn, denn es gebe einem den direkten Vorsprung auf bereits geschaffenen Strukturen aufzubauen.

Die Geschichte des Seelbacher Ziegenhofs verdeutlicht die Komplexität und die persönlichen Herausforderungen, denen landwirtschaftliche ExistenzgründerInnen gegenüberstehen. Für Claudia Smolka und Manuel Schwenzfeier ist die Landwirtschaft nicht nur ein Beruf, sondern ihr Leben. In der Landwirtschaft spielen nicht nur wirtschaftliche oder ökologische Faktoren eine Rolle, sondern vor allem auch die soziale Frage muss gestellt werden. Nichtsdestotrotz gibt es Initiativen und Personen, die sich für eine gerechtere Verteilung von Agrarflächen stark machen und versuchen, Bauern und Bäuerinnen unter die Arme zu greifen. Das ist eine wertvolle Hilfe, kann aber in keinster Weise die dringend benötigte Transformation des Ernährungssystems ersetzen.