Bio ist gut, bioregional ist besser

Biologisches Obst, Gemüse, Getreide und tierische Produkte sind gefragt, doch sie sollten am besten regional erzeugt und verkauft werden. Wie das in Inflations- und Krisenzeiten besser gelingen kann, diskutierten Fachleute auf der ersten hessischen bioregionalen Warenbörse am 15. September in Bad Homburg. Bio und regional ist für den Bio-Gastronomie-Pionier und Gastronomie-Berater Michael Frank die ideale Kombination. Viele Menschen hätten eine tiefe Sehnsucht nach Erdung. Es brauche eine Identifikation mit dem Produkt: „Das Gesicht von dem, der die Hühner großzieht, den Käse macht oder das Getreide anbaut.“

Auch der Leiter des Biohofs Ackerlei (Bruchköbel), Thomas Zell, sagte, „zu Regionalität gehöre eine Beziehung, ein Gesicht, jemanden, den man kennt“. Doch als Landwirt sei er kaum in der Lage, Interessent*innen ständig Geschichten über seine Arbeit und Erzeugnisse zu erzählen. Susanne von Münchhausen, Sprecherin des Frankfurter Ernährungsrats und Vorstandsmitglied des Trägervereins Bionales, betonte: „Wir müssen den Mehrwert von bioregionalen Produkten erlebbar machen.“ Wer könnte die Rolle von „Biobotschaftern“ übernehmen? Vorgeschlagen wurden außer den Landwirten selbst, Vertreter*innen der Verbände und Lehrkräfte an Schulen.

Der Zukunfts- und Trendforscher Eike Wenzel bezeichnete Regionalität als Schlüsselkategorie.

„Regionalität ist hochgradig emotional, das hat Bio alleine nicht geschafft“, schlussfolgerte er aus seinen Studien. Damit verbinde man Vertrautheit und Transparenz. Heute mehr denn je: „In Multi-Krisen sind Vertrautheit und Vertrauen noch wichtiger.“

Katrin Zander, Professorin für Agrar- und Lebensmittelmarketing an der Uni Kassel, stellte in ihrer großen Studie mit 18- bis 30-Jährigen von 2018 fest, dass Bio-Lebensmittel nach wie vor ein Vertrauensproblem haben. „Wir haben wirklich große Aufgaben in Richtung Vertrauen“, sagte sie und forderte umfassende bundesweite Informationskampagnen. Vielfach fehle es an Wissen in der Bevölkerung, zum Beispiel über Zertifizierung und Kontrollen bei Bio-Produkten. „Das zweite Hemmnis ist der hohe Preis.“ Dies sei besonders für junge Leute relevant. Auch Katrin Zander fand, dass die Bezeichnung „regional“, obwohl überhaupt nicht klar definiert, stärker die emotionale Ebene erreicht als Bio allein.

Momentan steht der Biomarkt unter Druck. Der Naturkosthandel hat Umsatz eingebüßt, so Katrin Zander. Die Menschen reagierten auf die Inflation. „Die Bio-Nachfrage verlagert sich auf die Discounter.“ Gleichwohl zeigte sich Zander überzeugt, dass Nachhaltigkeit nicht an Bedeutung verlieren wird. Die Verbraucher*innen wünschten sich bioregionale Lebensmittel. Notwendig seien aber auch regionale Vermarktungs- und Verarbeitungsstrukturen. Viel zu selten steht bioregional auf der Speisekarte, findet Susanne von Münchhausen. Dabei wäre das doch ein gutes Aha-Erlebnis: Das ist bio und zwar von hier.

Die bioregionale Warenbörse wurde vom Ökomodell-Land Hessen veranstaltet https://oekomodellland-hessen.de. Die vom Umweltministerium unterstützte Vernetzungsstelle aller 13 Ökomodell-Regionen will den Ökolandbau und die Vermarktung bioregionaler Produkte fördern.