Regenerative Landwirtschaft im Überblick

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von Pauline Otto

Regenerative Landwirtschaft – Ein Begriff, den man rund um Themen wie Bodengesundheit, Biodiversität oder Klimaschutz immer wieder zu hören bekommt. Doch woher kommt der Begriff eigentlich, was ist mit regenerativer Landwirtschaft genau gemeint, und wo liegt hier der Unterschied zur biologischen Landwirtschaft? In diesem Blogbeitrag gehen wir diesen Fragen auf den Grund und werfen einen Blick auf die derzeitige Studienlage.

Wer hat’s erfunden?

Entgegen der verbreiteten Wahrnehmung von regenerativer Landwirtschaft als neue, innovative Modeerscheinung, ist die Idee selbst alles andere als neu – sie wurzelt tief in den vergangenen fünf Jahrzehnten der landwirtschaftlichen Entwicklung, insbesondere in den Vereinigten Staaten, wo das Konzept von Pionieren wie Robert Rodale und Christine Jones unter dem Motto „Put the carbon back to soil“ (dt.: Bringt den Kohlenstoff zurück in den Boden) bereits seit den siebziger Jahren vorangetrieben wurde. Die meisten heutzutage als regenerative Landwirtschaft geltenden Methoden werden jedoch bereits seit langer Zeit von indigenen Völkern praktiziert.

Um was geht’s?

In Ermangelung einer einheitlichen und allgemein anerkannten Definition, lässt sich Regenerative Landwirtschaft als ein landwirtschaftlicher Ansatz und Sammelbegriff beschreiben, welcher für die Anwendung verschiedener bodenschonender und kohlenstoffbindender Anbaumethoden zur allgemeinen Förderung der Bodengesundheit steht. Diese Methoden umfassen typischerweise den Anbau diverser Fruchtfolgen, eine ganzjährige Bodenbepflanzung durch Zwischenfrüchte und Untersaaten, wenig bis keine Bodenbearbeitung mit dem Pflug, das Zurücklassen von Stroh auf dem Feld, sowie die Flächenrotte und/oder die Integration von Tieren. Ziel ist es hierbei vor allem, die oberste humusreiche Bodenschicht aufzubauen, Kohlenstoff und Stickstoff aus der Luft zu fixieren, sowie den Boden vor Erosion zu schützen.

Umsetzung

Für die genaue Umsetzung der Methoden gibt es rechtlich keinen geregelten Rahmen außer einem privatrechtlichen Zertifizierungsprogramm des Rodale Instituts (Regenerative Organic Certified). In der Praxis werden die Methoden meist auf unterschiedliche Weise, in verschiedenen Bereichen und in gemischten Ansätzen angewendet.Auch fehlt bislang – zumindest von offizieller Seite – eine Bestätigung für die potenziellen Vorteile der regenerativen Bewirtschaftungsmethoden. Wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen jedoch zum Großteil vielversprechende Ergebnisse. Laut dem Thünen-Institut sind landwirtschaftlich genutzte Böden der mit Abstand größte terrestrische Speicher von organischem Kohlenstoff in Deutschland. Die oberste Bodenschicht enthält je nach Bodentyp viel Humus, welcher überwiegend aus Pflanzenresten und den Umwandlungsprodukten von Bodentieren und Mikroorganismen besteht. Die Integration regenerativen Methoden wie diverse Fruchtfolgen mit Leguminosen oder Zwischenfrüchte und Untersaaten, welche bspw. als Gründüngung oder für die Flächenrotte eingearbeitet werden, fördern den Humusaufbau und das Bodenleben. Gleiches gilt für das Zurücklassen von Stroh auf dem Feld. Um Humus aufzubauen oder zu stabilisieren, hilft laut Studien generell das Hinzufügen von organischem Material und Biomasse – sprich Düngen mit Pflanzenresten, Kompost, Gärresten oder Mist. Dadurch lässt sich nachweislich der Humusgehalt im Boden erhöhen, wodurch die Nährstoffverfügbarkeit für Pflanzen verbessert wird, der Boden an Stabilität gewinnt, er mehr Wasser aufnehmen und Kohlenstoff speichern kann. Aus diesem Grund ist auch häufig vom Potential landwirtschaftlicher Böden als Kohlenstoffsenke zu hören. Im Hinblick auf die Klimaziele und den Handel mit CO2 Zertifikaten ist dabei jedoch auch immer wichtig zu bedenken, dass trotz dieses großen Potentials, Böden irgendwann gesättigt sind und nur begrenzte Mengen an Kohlenstoff aufnehmen können. Das CO2 Speicherleistungspotential ist somit am größten, wenn degradierte Böden durch regenerative Methoden wieder gestärkt werden.

Bio-Landwirtschaft und die Debatte um den Pflug

Man könnte nun meinen, dass alles deckt sich doch eins zu eins mit den IFOAM Bio-Prinzipien. Wo liegt denn da genau der Unterschied zur Bio-Landwirtschaft?

Tatsächlich gibt es sehr viele Überschneidungen zum Ökolandbau und oft werden regenerative Ansätze auch mit Bio-Landwirtschaft vereint (siehe regenerative organic, Rodale Institute). Ein häufiges Argument für die regenerative Landwirtschaft ist, zum Beispiel, dass sie es den Landwirt*innen einfacher macht, den Einstieg zu finden, ohne direkt komplett auf Bio umstellen zu müssen. Es gibt jedoch einen auffälligen Unterschied zum regulären Öko-Landbau: Viele regenerativ arbeitenden Betriebe setzen auf eine reduzierte Bodenbearbeitung oder sogar auf ganz pflugloses Arbeiten (no-till). Dabei wird der Unterboden nicht gewendet und die Aussaat direkt in schmale Schlitze in den Boden eingesät (Direktsaat). Das Ziel ist es CO2 Emissionen zu minimieren, Kohlenstoff im Boden zu speichern und Bodenlebewesen zu schützen.

Pflug oder Segen?

Bio-Betriebe haben auf Grund dessen, dass sie keine synthetischen Pflanzenschutzmittel verwenden, einen erhöhten Unkrautdruck, gegen den in erster Linie mit mechanischer Bodenbearbeitung mit dem Pflug vorgegangen wird. Bei der Bearbeitung des Bodens mit dem Pflug wird die obere Schicht des Bodens, die Ackerkrume, gewendet und aufgelockert. Dies führt einerseits zu einer gut durchlüfteten Oberfläche, die für die Aussaat von Kulturpflanzen und Folgefrüchten erforderlich ist. Andererseits neigt der aufgelockerte Boden dazu, sich zu verdichten, insbesondere wenn schwere Geräte zum Einsatz kommen und der Boden feucht ist. Dies kann, entgegen der eigentlich beabsichtigten Optimierung, langfristig zu einer Verringerung der Bodenfruchtbarkeit führen. Um das zu verhindern, können wiederum regenerative Methoden, wie oben beschrieben, integriert werden und dazu beitragen, den Zustand des Bodens zu verbessern bzw. aufrechtzuerhalten.

Was sagen Studien zu pfluglosem Arbeiten?

Untersuchungen des Thünen Instituts kamen zu dem Ergebnis, dass bei Direktsaatverfahren ohne Pflug keine signifikante Humusakkumulation bzw. Kohlenstoffspeicherung stattfindet. Dies gilt ebenfalls für die reduzierte Bodenbearbeitung, denn auch in langjährigen Versuchen ergab sich im Mittel nur eine geringe Erhöhung der Humusvorräte, die auch nach mehreren Jahrzehnten nicht sicher nachweisbar war. Die Masse an Humus und somit die Menge an gebundenem Kohlenstoff ist viel mehr davon abhängig, ob und wie viel biologisches Material von oben in den Boden gelangt. Ob danach noch gepflügt wird oder nicht, scheint keinen großen Einfluss auf den Humusaufbau zu haben, klimawirksam ist jedoch nur eine Veränderung des gesamten Humusvorrats. Zudem kommen bei der vor allem in Amerika beliebten Direktsaat in der konventionellen Landwirtschaft oft auch synthetische Herbizide zum Einsatz, welche den Bodenorganismen in zu hohen Dosen Schaden zufügen. Immerhin positiv fällt der geringere Verbrauch von Dieselkraftstoff auf, da weniger oft übers Feld gefahren werden muss. Ob diese eingesparten Emissionen am Ende mit Hinblick auf erzeugte Treibhausgase durch Herstellung und Transport von Pflanzenschutzmitteln und Stickstoffdüngern tatsächlich ins Gewicht fallen ist jedoch zu bezweifeln.

Lachgasemissionen

Das BMEL berichtet ebenfalls von erhöhten Lachgasemissionen unter pflugloser Bodenbearbeitung, da es unter anaeroben Bedingungen (Sauerstoffmangel) im Boden und ausreichend vorhandenen mineralischen Stickstoff, zu Denitrifikationsprozessen kommen kann, bei denen Lachgas freigesetzt wird. Die Studien zeigen, dass Lachgasemissionen bei Direktsaat um 86 % und bei reduzierter Bodenbearbeitung um 63 % erhöht sind, was zu einer negativen Klimabilanz führt, denn Lachgas (N2O) ist ein wesentlich potenteres Treibhausgas als CO2 (fast 300-mal so hoch). Die Lachgaskonzentration in der Atmosphäre hat seit 1750 um 33 Prozent zugenommen, wovon wohl der größte Teil aus der Landwirtschaft stammt – in Deutschland sind es nahezu 80 Prozent. Die Debatte um den Einsatz des Pflugs ist daher womöglich von geringerer Bedeutung im Vergleich zu den positiven Effekten von weiteren regenerativen Methoden wie der Flächenrotte, dem Einsatz von Zwischenfrüchten, diversen Fruchtfolgen oder der Belassung von Strohresten auf dem Feld. Zu derselben Schlussfolgerung kam auch eine aktuelle Studie von Liangang Xiao und Nicolas Kuhn.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass regenerative Landwirtschaft eine vielversprechende Methode ist, um die Bodengesundheit zu fördern und zum Klimaschutz beizutragen. Durch die Anwendung verschiedener Methoden wie diverse Fruchtfolgen, Zwischenfrüchten, Untersaaten und durch das Zurücklassen von Ernterückständen auf dem Feld, kann Humus aufgebaut und Kohlenstoff aus der Luft gebunden werden. Allerdings zeigen neue Studien, dass die pfluglose Bodenbearbeitung allein, also nicht in Kombination mit anderen Methoden, keine signifikanten Mengen an Humus aufbaut bzw. CO2 speichert und zu Lachgasemissionen führt. Es ist daher wichtig, dass die regenerative Landwirtschaft so holistisch umgesetzt wird, wie sie auch kommuniziert wird. Durch die klaren Überschneidungen mit der Bio-Landwirtschaft bieten sich Möglichkeiten, gemeinsam für eine nachhaltige Landwirtschaft einzutreten. Es ist entscheidend, dass Bio- und regenerative Landwirtschaft Hand in Hand gehen, um so noch mehr Betriebe auf dem Weg zu einer zukunftsfähigen Landwirtschaft mitzunehmen. Letztendlich gilt es sich darauf zu konzentrieren, diese Ansätze weiter zu erforschen, zu fördern und zu implementieren, um eine Landwirtschaft zu gestalten, die den Bedürfnissen der Menschen und des Planeten gerecht wird.

Quellen