Online-Veranstaltung „Der Bauer mit den Regenwürmern“ begeistert Publikum

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In der Online-Veranstaltung mit Biolandwirt Josef Braun aus Freising, Prof. Dr.  Andreas Gattinger, Leiter der Professur für Ökologischen Landbau mit dem Schwerpunkt nachhaltige Bodennutzung an der Universität Gießen und dem Wetterauer Kreislandwirt Michael Schneller, Assenheim, stand die Bedeutung einer bodenschonenden Landbewirtschaftung mit Humusaufbau als Klimachance im Mittelpunkt. Frank Uwe Pfuhl von der NABU-Umweltwerkstatt Wetterau, die auch die Onlineplattform organisierte, moderierte die Veranstaltung. Nach ihren Eingangsbeiträgen und einer anschließenden Diskussion beantworteten die Fachleute auch viele Fragen aus dem Publikum. Zu Beginn wurde der Biohof von Josef Braun in einem kurzen Film vorgestellt, der als „der Bauer mit den Regenwürmern“ zeigt, wie ohne den Einsatz von Mineraldünger durch die Humusbildung der Bodenlebewesen, den Einsatz von eigen erzeugtem Humus und vielfältige Fruchtfolgen eine ertragreiche Landwirtschaft mit Verzicht auf Pestizide möglich ist.

Mehr Gemüse und Obst essen und Landwirtschaft als Problemlöser entwickeln

„Wenn der Boden schreien könnte, würde er mehr schreien als unsere Nutztiere“, erklärt Josef Braun, um anschaulich darzulegen, wie die unverminderte Vernichtung von Ackerflächen zugunsten von Verkehr, Gewerbe und Wohnen, aber auch eine Bodenbearbeitung, die zu wenig die Zusammenhänge von Bodenlebewesen, Humusaufbau und Pflanzenwachstum berücksichtigt, Ackerböden als Kohlenstoffspeicher und als Ernährungsgrundlage gefährden. 

„Wenn wir die Herausforderungen des Klimawandels, den Verlust der Artenvielfalt, den Umgang mit unseren Nutztieren und der Gefährdung des Wasserkreislaufes lösen wollen, nutzt es nichts, wenn wir auf der Landwirtschaft rumtrampeln, sondern wir müssen die Gesellschaft radikal verändern und auch unsere Ernährungsgewohnheiten umstellen, weniger tierisches Eiweiß, weniger Zucker und Weißmehl, zugunsten von Gemüse und Obst. Dann können wir eine Landwirtschaft entwickeln die ganz anders aussieht und die Gefährdungen durch die Klimakatastrophe und das Artensterben löst und eine gesunde Ernährung ermöglicht.“

1,5 % mehr Humus in Ackerböden könnte unser Klimaproblem lösen

Genau an diesem Punkt setzt auch Prof. Andreas Gattinger von der Universität Gießen an. Eindringlich mahnt er: „Ackerböden sind mit 2,5 Milliarden Tonnen aufgrund der humusaufbauenden Bewirtschaftung unserer Vorfahrender der größte terrestrische Speicher von Kohlenstoff in Deutschland. Der geht aber durch die Versiegelung von 55 ha am Tag, durch Übernutzung und einseitige Fruchtfolgen mit 0,2 Tonnen pro Jahr und Hektar immer weiter verloren und das gefährdet unser Klima zusätzlich.“

Prof. Gattinger hat zu diesem Thema eine Vielzahl von wissenschaftlichen Studien ausgewertet und selber durchgeführt und ist sich sicher: “ Wir können das durch ökologische Praktiken drehen. Vielfältige Fruchtfolgen, mehr Anbau von Hülsenfrüchten und Mistrückführung führen zu mehr Bodenorganismen, einer Bodenbelebung und weniger Freisetzung von Lachgas. Eine stärkere Wurzelbildung kann mehr Humus aufbauen und Kohlenstoff binden. Wurzeln haben ein 2,3 mal stärkeres Bindungspotential für Kohlenstoff als oberirdische Biomasse.  1,5 % mehr Humus in unseren Ackerböden könnte unser Klimaproblem lösen.“

Ländliche Regionen nicht weiter ausbluten um regionale Ernährung sicher zu stellen

Kreislandwirt Michael Schneller erklärt hierzu, dass eine stärkere Bodenfruchtbarkeit auch ein wichtiges Thema der konventionellen Landwirtschaft sei und dass stärkere Fruchtfolgen dafür wichtig sind. Dazu brauche es aber auch einen Markt und entsprechende Abnehmer und Veredelungsfirmen, die leider in der Wetterau immer weniger werden und so eine Kreislaufwirtschaft mit der Rückführung von organischem Dünger in den Boden immer mehr erschwert wird. Als gemeinsames Problem von ökologischer und konventioneller Landwirtschaft sieht er die mangelnde Bereitschaft der Abnehmer für landwirtschaftliche Erzeugnisse auch die entsprechenden Preise zu zahlen und so werden die Landwirte in eine immer stärkere Abhängigkeit von staatlichen Subventionen getrieben, die immer mehr bürokratischen Aufwand erfordern. Eine existentielle Bedrohung für die bäuerlichen Betriebe in der Wetterau sieht er in der zunehmenden Vernichtung von Ackerböden zugunsten anderer Nutzungen. „Wir haben in Hessen in den letzten 25 Jahren 45 000 ha Ackerfläche verloren, soviel wie es in Wetterau insgesamt gibt. Trotz eines nur geringen Bevölkerungswachstums werden die Ballungszentren auf Kosten der Ackerflächen überproportional  immer größer. Wir fordern eine Änderung dieser Politik, damit die ländlichen Regionen nicht weiter ausbluten und wir eine regionale Ernährung sicherstellen können.“

Aufzeichnung der Diskussion (YouTube)

Weitere Aktionen zum Bodenschutz und Humusaufbau als Klimaschutz und Grundlage einer regionalen Ernährung  folgen. Wer mitmachen will kann sich hier melden: info@bionales.de

Zur Veranstaltung der „Bauer mit den Regenwürmern“ luden auf Initiative der NachhaltigkeitsWIRKstatt Wölfersheim und BIONALES – Bürger für regionale Landwirtschaft und Ernährung e.V. folgende Organisationen ein: Wetterau im Wandel, Regionalbauernverband, AbL, Ev.Dekanat, NABU, GWÖ; Bingenheimer Saatgut, MiEG, WetterauSicht, Fridays for Future, Modellregion Ökolandbau Wetterau.